Fragetechnik Teil 7 – Die 5-Why-Methode

„Wenn ein Problem auftritt, frage fünfmal „warum“, um die Ursache des Problems herauszufinden. Dann ändere den Produktionsablauf so, dass das Problem nicht mehr auftreten kann.“ Das ist die berühmte 5-Why oder 5W-Methode, die auf Toyoda Sakichi, den Gründer von Toyota Industries, zurückgeht und heute im Qualitätsmanagement weltweit eine zentrale Rolle spielt. Die Zahl 5 ist dabei nicht unbedingt wörtlich zu verstehen. Wichtig ist, dass so lange gefragt wird, bis die Problemursache eindeutig ist.

Wie kann nun die 5-Why-Methode bei der Optimierung der Kundenkommunikation helfen? Ein Beispiel: In einem Call Center einer öffentlichen Institution wurden die folgenden Kategorien von überflüssigen Anrufen identifiziert und ihre Reduktion in Angriff genommen:

  1. Fragen zur Vorgehensweise bei der Antragsstellung
  2. Anrufe, für die andere Stellen zuständig sind

Gemeinsam waren diese Anrufe für rund 50 % des Callvolumens verantwortlich.

Beispiel 1: 

Zur ersten Kategorie sei vorangestellt, dass die Antragsstellung auf drei Wegen erfolgen kann: Per Post, per Email oder über ein sehr einfaches Online-Antragssystem auf der Homepage, wo über die drei Wege verständlich informiert wird. Dennoch landet täglich eine dreistellige Anzahl von Anrufern im Servicecenter, die sich erkundigen, wie sie einen Antrag stellen können. Unser Frageprozess verläuft wie folgt:

  1. Warum hat der Kunde angerufen?

Weil er einen Antrag für X stellen und wissen will, wie er dabei vorzugehen hat.

  1. Warum musste er dazu anrufen?

Weil er die Information auf der Homepage nicht gefunden hat.

  1. Warum hat er sie nicht gefunden?

Weil man weit nach unten scrollen muss um sie zu finden.

  1. Warum ist die Information nicht prominent oben auf der Seite?

Weil den Entscheidungsträgern nicht bewusst ist, welchen Aufwand  das bei uns im Call Center erzeugt.

  1. Warum ist ihnen das nicht bewusst?

Weil wir noch nie mit konkreten Zahlen argumentiert haben.

Nach dem dritten „Warum“ ist klar, was getan werden muss, um diese Anrufe zu vermeiden, nach dem fünften weiß man, wie man die Veränderung durchsetzen kann. Die Zahlen-Argumentation kann je nach Konstellation die mögliche Kostensenkung, den geringeren Personalbedarf oder sinkende Wartezeiten im Call Center in den Fokus nehmen.

Beispiel 2:

Und nun zur zweiten Kategorie. In der Organisation bestehen neben dem von uns behandelten Service einige weitere Hotlines, die für spezielle Themenfelder zuständig sind. Unser Service kann zu diesen Themenfeldern keinerlei Auskunft geben, ist also kein 1st Level, sondern schlicht unzuständig. Es verbindet alle diese Gespräche weiter. Und nun zu den 5 Warum:

  1. Warum hat der Kunde angerufen?

Weil er eine Auskunft zum Thema X benötigt.

  1. Warum hat er unsere Nummer gewählt und nicht die richtige?

Weil man unsere Nummer online viel leichter findet als die anderen.

  1. Warum ist das so?

Weil wir signalisieren möchten, dass es einfach ist, mit uns in Kontakt zu treten. Deshalb wird nur eine Nummer kommuniziert.

  1. Warum wird keine IVR für die korrekte Zuteilung der Anrufe eingesetzt?

Weil es zu viele Auswahlmöglichkeiten gäbe. Das wäre sehr umständlich für die Anrufer. Außerdem fiele es uns schwer, die Auswahlmöglichkeiten so zu benennen, dass die Anrufer die Ansagen zweifelsfrei verstehen würden.

  1. Warum wird die Zuteilung nicht mit einem auf Spracherkennung basierenden System gemacht?

Weil wir der Ansicht sind, dass diese Systeme nicht ausreichend gut in der Spracherkennung sind um unsere Anrufer zu verstehen.

Nach dem fünften Warum liegt die Lösung wiederum auf der Hand. Hierarchische Systeme wie eine IVR mit Untermenüs von „Wenn Sie X wollen, dann drücken Sie Y“ können umfangreiche Auswahlen tatsächlich schlecht abdecken, natürliche Spracherkennung hingegen kann das sehr gut. Der Wissensstand dieser Organisation zum Thema Spracherkennung ist überholt. Ihr Einsatz in der konkreten Aufgabenstellung ist definitiv möglich. Die kundenfreundliche Vorgehensweise, eine Nummer für alle Fragen zu kommunizieren, kann beibehalten werden. Die Anrufer werden von einem automatischen System mit Spracherkennung – einem Voice Bot – nach den Anliegen gefragt, antworten verbal und gelangen rasch zur zuständigen Stelle. Die überflüssigen Gespräche im Call Center fallen weg. (Mehr zum Thema Voice Bot in diesem E-Paper)

 

5-Why ist eine ausgezeichnete Methode, um Problemursachen aufzuspüren und deshalb äußerst nützlich. Aber oftmals ist das gar nicht nötig, um Lösungen zu finden. Einen gänzlich anderen Zugang zur Lösungsfindung haben Steve de Shazer und Insoo Kim Berg mit ihrem lösungsfokussierten Ansatz formuliert und damit ein Konzept geschaffen, das zunehmend den Weg von seinem Ursprung in der Therapie ins Coaching und ins Management findet. Mehr zu diesem Ansatz, der gänzlich ohne „Warum“-Fragen auskommt, finden Sie im nächsten Beitrag: Fragetechnik Teil 8 – lösungsfokussierte Fragen.

 

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